Ein Sektor geprägt von Innovation und Partnerschaft
Etwa 18 % (das sind rund 7.758 GWh) der neuseeländischen Stromerzeugung stammt aus der Geothermie. Darüber hinaus wird geothermische Energie direkt für industrielle Prozesse sowie zur Wasser- und Raumheizung genutzt. Der Sektor zeichnet sich durch enge Zusammenarbeit zwischen lokalen Māori-geführten Unternehmen, Energieunternehmen, Forschungseinrichtungen und staatlichen Institutionen aus. Dieses Partnerschaftsmodell ermöglicht die Entwicklung geothermischer Felder auf Weltklasseniveau – unter Achtung kultureller Werte und ökologischer Verantwortung.
Auch international ist neuseeländisches Know-how stark gefragt. Ingenieure und Ingenieurinnen, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Berater und Beraterinnen aus Neuseeland sind in Projekten im asiatisch-pazifischen Raum aktiv – etwa in Indonesien, den Philippinen, Taiwan und den Pazifikinseln. Diese Kooperationen sind nicht nur technischer Natur, sondern auch strategisch gewählt: Sie unterstützen die Energiewende in Schwellenländern und fördern langfristige Partnerschaften.
Deutschlands Geothermiesektor: Gemeinsame Ziele und Chancen
Auch in Deutschland wächst das Interesse an der Geothermie – insbesondere in Süddeutschland, wo Tiefengeothermie für Fernwärme und industrielle Anwendungen ausgebaut wird. Allerdings trug Geothermie im Jahr 2024 nur ca. 0,1 % (das sind rund 0,2 Mrd. kWh) zur erneuerbaren Strommenge bei. Dies liegt teilweise daran, dass Stromerzeugung aus geothermischer Energie aufgrund geologischer Bedingungen in Deutschland begrenzt ist. Es wird eher oberflächennahe oder mitteltiefe Geothermie genutzt und in Wärmenetze gespeist. Daher hat die Geothermie mit 27.5 Mrd. kWh einen Anteil von rund 15 % an der erneuerbaren Wärme. Deutschlands Fokus auf die Dekarbonisierung des Wärmesektors deckt sich mit Neuseelands Erfahrungen in der direkten Nutzung geothermischer Energie und der Emissionsminderung.
Internationale Zusammenarbeit im Fokus
Veranstaltungen wie die New Zealand Geothermal Week Taupō zeigen, wie intensiv Neuseeland den internationalen Austausch fördert. Über 300 Teilnehmer und Teilnehmerinnen diskutierten vom 28 Juli bis 2. August dort über globale Partnerschaften, technologische Innovationen und neue Märkte. Auch deutsche Unternehmen aus dem Geothermie- und Wasserstoffbereich können hier wertvolle Anknüpfungspunkte für den Export ihrer Technologien und Dienstleistungen finden.
Ein zentrales Ergebnis war die Vorstellung des Entwurfs der neuseeländischen Geothermie-Strategie durch Minister Shane Jones. Für deren Umsetzung wurden rund 30 Millionen EUR aus dem Regional Infrastructure Fund bereitgestellt. Ziel ist es, die Nutzung der Geothermie bis 2040 zu verdoppeln – unter anderem durch den Einsatz von superkritischer Geothermie, bei der besonders heißes (>400 °C) und energiereiches Geothermiewasser aus Tiefen über 5 km erschlossen wird.
Wasserstoff: Eine gemeinsame strategische Priorität
Wasserstoff ist ein zentraler Baustein der deutschen Energiewende. Deutschland investiert massiv in Infrastruktur, Forschung und internationale Partnerschaften rund um grünen Wasserstoff. Auch Neuseeland positioniert sich zunehmend als relevanter Akteur in diesem Bereich – dank seiner reichhaltigen erneuerbaren Ressourcen.
Obwohl der Wasserstoffsektor in Neuseeland noch relativ wenig Bedeutung hat, werden wichtige Schritte hin zum Ausbau des Sektors unternommen: Die Richardson Group in Invercargill investiert in Dual-Fuel-Technologien für den Schwerlastverkehr und ein landesweites Tankstellennetz. Fabrum betreibt eine Testanlage für Flüssigwasserstoff am Flughafen Christchurch mit Fokus auf wasserstoffbasierte Luftfahrt.
Ein Vorzeigeprojekt ist das Kraftwerk von Halcyon Power nördlich von Taupō – Neuseelands erste Anlage mit Megawatt-Kapazität zur Produktion von grünem Wasserstoff. Die Energie stammt aus einem geothermischen Kraftwerk direkt neben der Anlage. Halcyon, ein Joint Venture zwischen der japanischen Obayashi Corporation und dem Tūaropaki Trust, steht exemplarisch für internationale und kulturelle Zusammenarbeit.
Analog zur Geothermie-Strategie hat die neuseeländische Regierung auch einen Wasserstoff-Aktionsplan veröffentlicht.
Ausblick und Chancen für deutsche Unternehmen
Neuseelands Geothermie- und Wasserstoffsektoren sind hervorragend aufgestellt, um sowohl zur nationalen Dekarbonisierung als auch zur globalen Energiewende beizutragen. Mit einer starken Basis aus lokalen und indigenen Partnerschaften, technischer Exzellenz und wachsender internationaler Vernetzung entwickeln sich beide Branchen zu Plattformen für Innovation, Zusammenarbeit und klimapolitische Führungsrolle.
Im Bereich der Tiefengeothermie könnte ein Wissensaustausch zwischen neuseeländischen und deutschen Unternehmen zum beiderseitigen Vorteil gereichen. Da die Wasserstoffproduktion in Deutschland schon wesentlich weiter ausgebaut ist als in Neuseeland, liegen große Chancen beim Export deutscher Technologien, Lösungen und Expertise. Aktuell ist in Neuseeland beispielsweise nicht das erforderliche Know-how vorhanden, um aus dem Ausland bezogene Wasserstoffanlagen zu reparieren. Auch werden mit einer Ausnahme (Fabrum, siehe oben) in Neuseeland selbst keine Wasserstoffanlagen hergestellt. Da der Wille zum Ausbau von Wasserstofftechnologien gegeben ist, aber das Land zum Erreichen der Wasserstoffziele auf externe Unterstützung und Technologien angewiesen ist, ist der Zeitpunkt für deutsche Firmen mit Erfahrung in diesem Bereich ideal, um in Neuseeland Fuß zu fassen und sich diesen Markt zu erschließen.