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Let´s do this – Kleines Land, goße Politik

10/03/2019

Seit in Neuseeland vor knapp anderthalb Jahren die sogenannte „Jacindamania" ausgebrochen ist, krempelt die weltweit jüngste Premierministerin im Amt gemeinsam mit ihrer bunt durchmischten Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Grünen und der populistischen Partei „New Zealand First" das kleine Land am anderen Ende der Welt kräftig um.

„Let´s do this", das Motto der Labour-Wahlkampagne, soll auch der Leitsatz der Regierungszeit sein. Doch während die Koalition alle bisherigen Fortschritte kräftig proklamiert, nennt die Opposition die Umsetzung der Regierungspläne in vielen Fällen lückenhaft

Den Planeten besser machen

Als besonders wichtige Ziele gelten die Reform des Gesundheitssystems, der Kampf gegen Armut und mehr Engagement in Sachen Klimaschutz. Den Worten folgten bereits erste Taten: Seit Mitte vergangenen Jahres verschwinden nach und nach alle einfachen Plastiktüten aus den Supermärkten, ab diesem Juli wird dafür sogar ein offizielles Gesetz in Kraft treten. Neben dem Abbau von Plastikmüll will die Regierung auch die Abkehr von fossilen Rohstoffen vorantreiben. Neue Erdöl- und Gasförderungen sollen vor neuseeländischen Küsten künftig nicht mehr stattfinden. Die mehr als 20 bereits bestehenden Genehmigungen zur Förderung sind von dieser Entscheidung nicht betroffen. Bis 2050 will Neuseeland CO₂-neutral sein, der Strom soll bereits bis 2035 komplett aus erneuerbaren Energien fließen.

Einführung der Touristen-Steuer


Der Tourismus in Neuseeland ist weiterhin ein Wirtschaftszweig mit Aufwärtstrend. Internationale Gäste sind gern gesehen. Laut des Ministeriums für Business, Innovation und Beschäftigung brachten diese Gäste im vergangenen Jahr 11 Milliarden Neuseeland-Dollar ein, Tendenz steigend. Die Kehrseite dessen ist der Müll, den Touristen verursachen und oft auf Campingplätzen im ganzen Land hinterlassen. Denn: Wer soll das bezahlen? Die Regierung meint: Die Besucher selbst. Ab Mitte 2019 müssen Touristen mit ihrer Einreise deswegen eine extra eingeführte Steuer von NZ$ 35, umgerechnet etwa 21 Euro, zahlen. Es wird erwartet, dass diese Steuer 57 bis 80 Millionen neuseeländische Dollar in die Haushaltkasse spülen könnte. Das Geld soll für den Ausbau von Infrastruktur und den Umweltschutz ausgegeben werden. Gäste aus Australien oder von pazifischen Inselnationen müssen diese Steuer übrigens nicht abführen.

Kapitalbesteuerung & Auslandsinvestitionen


Das Stichwort Steuer steht für die Labour-Regierung hoch im Kurs. Erst kürzlich erschien ein Report der eigens dafür gegründeten Arbeitsgruppe für Besteuerung (Tax Working Group - TWG), die sich mit dem Thema Besteuerung von Kapitalgewinnen (Capital Gains Tax - CGT) auseinandergesetzt hat. Ganz anders als in Deutschland und vielen anderen westlichen Ländern, existiert eine solche Kapitalertragssteuer in Neuseeland bisher nicht. Die Steuer soll sich hier auf zusätzliche Abgaben aus Industrie-Sektoren wie Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Finanzdienstleistungen sowie Grundeigentum und Immobilien beziehen. Letzteres würde auch für private Hausbesitzer gelten, soll aber laut TWG-Report das erste Haus einer Familie nicht berücksichtigen. Prognostiziert werden Zusatzeinnahmen von etwa NZ$ 8,3 Milliarden innerhalb der ersten fünf Jahre. Die Opposition kritisiert die Steuer als „Angriff auf die Mitte der Gesellschaft" und stellte bereits Rechenbeispiele vor, die unter anderem die Verluste von Farmern aufzeigen, falls eine Kapitalertragssteuer eingeführt werden würde. Viele Neuseeländer sehen Immobilien auch als private Geldanlage für ihre Rente und befürchten nun hohe Prozentsätze ihrer Gewinne an die Regierung abgeben zu müssen. Die Arbeitsgruppe hat sich für die Einführung dieser Steuer ausgesprochen. Ob sie tatsächlich kommt, darüber will die Regierung im April entscheiden.

Von dem insgesamt sehr regulativen Kurs der Koalition haben sich Investoren aus dem Ausland aber bisher nicht beirren lassen. Vor allem Kapitalanleger aus den USA und Hongkong geben laut des Amtes für ausländische Investitionen weiterhin große Summen (Gesamtinvestitionen ausländischer Anleger NZ$ 2,5 Mrd. in 2018) für neuseeländische Landflächen aus. Einzig ein Haus bauen oder erwerben, um selbst darin zu leben, ist Ausländern ohne Aufenthaltsgenehmigung nun untersagt.

He Tangata – Es geht um die Menschen


Fragt man deutsche Urlauber, was sie an Neuseeland besonders schätzen, dann werden oft die freundlichen Menschen genannt. Die Koalitionsregierung will genau da ansetzen und strebt eine internationale Vorreiter-Position in puncto Wohlstand und Wohlergehen der Einwohner an. Dabei soll es nicht um klassische monetäre Messeinheiten wie das Bruttoinlandsprodukt gehen. Neuseeland will das subjektive Wohlbefinden, die Lebensqualität seiner Menschen steigern und das sogenannte „Wellbeing Budget" einführen. Der Wohlstand des Landes soll dann mit Hilfe von vier Indikatoren überprüft werden: menschliches Kapital, soziales Kapital, das Kapital der Natur und Finanzkapital.

Freie Bildung könnte laut Regierung auch zu einem besseren „Wellbeing" beitragen und deswegen ist seit Januar 2018 das erste Jahr an der Hochschule für Studenten kostenfrei. Bis 2024 sollen sogar die ersten drei Jahre frei von Studiengebühren sein.

Warmes Zuhause und weniger Einwanderer


Es weiteres Projekt, welches die Lebensqualität der Neuseeländer steigern soll, ist das staatliche Hausbau-Programm „KiwiBuild". Die ersten der geplanten 100.000 bezahlbaren Wohnhäuser wurden bereits gebaut. Allein 50.000 neue Eigenheime sollen in Auckland entstehen, dort, wo die größte Wohnungskrise des Landes herrscht. Auch Mieter können auf bessere Wohnbedingungen hoffen. Die Regierung veranlasste bereits, dass Eigentümer in den kommenden Jahren in eine zeitgerechte Isolierung, Heizung und Ventilationssysteme investieren müssen.

Um genügend Häuser und gute Lebensbedingungen für Kiwis zu schaffen, bedeutet im logischen Umkehrschluss für die Ardern-Regierung auch, die Einwanderungs-Gesetze zu verschärfen. Die Rate der Einwanderer soll um 20.000 bis 30.000 jährlich gesenkt werden. Laut Labour dürfen Arbeits-Visa zukünftig nicht mehr als Hintertürchen für eine ständige Aufenthaltserlaubnis ausgenutzt werden. Auch die Zahl der Familien- und Partner Visa soll drastisch sinken. Gleichzeitig wird es eine Quote für Klimaflüchtlinge von den pazifischen Inseln geben.

©Alexandra Falk